Tibet-Buddhismus 8 Gelugpa-Tradition

Tibet & Buddhismus: Heft 8 1/1989 Schwerpunkt-Thema: Gelugpa-Tradition

Editorial von Geshe Thubten Ngawang


Allen Mitgliedern, Förderern und Freunden des Zentrums sowie den Mitgliedern des Vorstands mochte ich zum Weihnachtsfest und zum nahenden neuen Jahr viel Glück, Gesundheit des Körpers und Freude des Geisteswünschen, und dafür bete ich.

Die Studien im Zentrum nehmen einen erfreulichen Verlauf. Die im Hause wohnenden Studenten haben in der Woche etwa drei bi vier Unterrichtsstunden. Am Samstagabend kommen die Teilnehmer der Dharmalehrer-Ausbildung um Unterricht, nachdem sie sich bereits am Nachmittag zum Arbeitskreis getroffen haben. In drei Arbeitskreisen, die abwechselnd von Jampa Gyatso, Jampa Tenzin, Jampa Dönsang und Jampa Tsedrön geleitet werden, werden offene Fragen des letzten Unterrichts bearbeitet und diskutiert. Ich selbst gehe von Zeit zu Zeit in die einzelnen Gruppen, um zu helfen.

Das Interesse an den Angeboten des Zentrums ist weiterhin gut. Es ist mein Wunsch und Gebet, daß die Buddhalehre Ihnen den guten Nutzen bringen möge, den Sie sich von der Beschäftigung mit ihr erhofft haben.
Von außerhalb des Hauses erfahren wir sehr wertvolle Hilfe. Einige spenden regelmäßig, um die nötige finanzielle Basis zu schaffen. Einige tragen kontinuierlich Verantwortung im Vorstand. Viele helfen bei den verschiedensten Arbeiten. Allen, die auf diese Weise tatsachlich mithelfen, danke ich ganz herzlich. Gemessen an der großen Zahl der Mitglieder und Freunde des Zentrums scheint es mir allerdings, daß viele von Ihnen noch nicht viel Gelegenheit gefunden haben, Ihre aktive Hilfe anzubieten. Es wäre sehr schön, wenn auch Sie hier und da mehr Zeit dazu fänden.

Wir alle haben an jedem Tag nur 24 Stunden zur Verfügung. In der Nacht benötigen wir Schlaf. Dazu kommen die persönlichen, lebensnotwendigen Dinge wie Essen, Waschen und ähnliches. Die meisten meiner im Hause wohnenden Studenten sind ständig in der Situation, mit den laufenden Arbeiten nicht fertig zu werden, so daß sie oft nicht vor Mittemacht, ein oder zwei Uhr in der Nacht zum Schlafen kommen. Deshalb mochte ich diejenigen unter Ihnen, denen am Zentrum liegt, die aber bisher noch nicht aktiv helfen konnten, dazu ermutigen, ihre Bereitschaft zu persönlichem Engagement und Verantwortung zu starken. Bitte prüfen Sie sich selbst, zu welcher Hilfe Sie in der Lage waren und sprechen Sie mit uns darüber. Sie können sich gern an die Bewohner des Hauses richten, etwa an Jampa Tsedrön, Jampa Gyatso, Jampa Dönsang oder Jampa Tenzin, und in Ruhe mit ihnen besprechen, welche Arten von Arbeiten im Zentrum geleistet werden, wo Hilfe vielleicht besonders dringend nötig ist und wie Sie mit Ihren persönlichen Möglichkeiten und der Zeit, die Sie zur Verfügung haben, mithelfen könnten. Das ist sicher eine große Hilfe und Bereicherung für das Zentrum.
 
Wir haben die Gelegenheit, durch unsere gemeinsamen Bemühungen konkret dazu beitragen, daß die RatschIäge Buddha Shakyamunis im allgemeinen eine möglichst weitreichende Hilfe für die menschliche Gemeinschaft bieten und im besonderen am eigenen Ort, im eigenen Land sich in möglichst umfassender und dauerhafter Weise nützlich auswirken. Wir alle reden immer wieder davon, wie wichtig es ist, Menschen zu helfen, etwas für die anderen zu tun. Es ist sehr wichtig im Leben jedes einzelnen Menschen, das, was man sagt, persönlich ernst zu nehmen und, wenn man es als gut und nützlich erkannt hat, es nach Kräften in die Tat zu setzen.

Alles Nützliche ist ein von Bedingungen und Ursachen abhängiges Phänomen. So bauen meiner Überzeugung nach all die heilsamen Bemühungen, die wir jetzt unternehmen, Stück für Stück mit an einem weitgefassten und vielfähigen Nutzen, der sich sowohl gegen Ende unseres eigenen Lebens als auch während zukünftiger Generationen auswirken wird. Wir sollten nicht erwarten, daß wir uns heute anstrengen und morgen die perfekten Ergebnisse wie eine plötzlich lodernde Flamme aufleuchten. Das ist wohl unmöglich. Schon das Heranziehen einer schönen Blume bedarf einiger Wochen und Monaten der geduldigen Pflege. Bis ein einziger runder Apfel gewachsen ist, dauert es ein ganzes Jahr. Schon auf dem grobstofflichen Gebiet der äußeren Materie gilt es, die Gesetze des abhängigen Entstehens zu respektieren, und um so mehr ist dies auf dem subtilen Gebiet des Inneren zu beachten. Die vielen Biographien vergangener herausragender Menschen zeigen sehr deutlich, daß es ein langer und oft beschwerlicher Weg stetiger und geduldiger Bemühung ist, das eigene Bewußtsein so zu zähmen, daß sich tiefgreifende Wirkungen ergeben. Das sollten wir uns immer wieder vergegenwärtigen. Darum mochte ich all diejenigen unter Ihnen, die an den Ausbildungsmöglichkeiten des Zentrums teilnehmen, und alle Mitglieder und Freunde bitten.
 
Viele von Ihnen unterstützen tibetische Flüchtlinge. Ich selbst setze mich mit aller Kraft dafür ein, daß Ihre Unterstützung direkt dorthin gelangt und Fruchte trägt, wo aktuelle Not herrscht. Ich beschäftige mich gedanklich mit der Lage dort, wo das Zentrum Flüchtlingshilfe organisiert, halte regelmäl3iien brieflichen Kontakt, informiere mich und gebe Anweisungen über den korrekten Gebrauch Ihrer Mittel. Denn bei denjenigen, die die Hilfe sicher nötig haben, ist Ihre Unterstützung naturgemäß von großem Nutzen. Deshalb danke ich ganz herzlich all den Paten und Spendern, die diesen Menschen in Not helfen.

Heft 8 - 1/1989

Schwerpunkt-Thema: Die Gelugpa-Tradition

  • Editorial (PDF)
  • Gedanken zum interreligiösen Dialog (PDF)
  • Treffen der Dharmalehrer in Frankreich (PDF)
  • Maitreya-Schrein geplant (PDF)
  • Geshe Thubten Ngawang: Die Gelugpa-Tradition (PDF)
  • Meditation: Gebet über die Stufen auf dem Pfad (PDF)