Tibet-Buddhismus 54 Ordination

Tibet & Buddhismus: Heft 54 3/2000 Schwerpunkt-Thema: Ordination

Editorial von Geshe Thubten Ngawang

LIEBE LESERINNEN UND LESER,

ich begrüße Sie alle herzlich, besonders den Vorstand, den Beirat und alle Mitglieder, Förderer und Schülerinnen und Schüler, die das Tibetische Zentrum und seine Aktivitäten unterstützen.


Ich freue mich darüber, daß Kensur Geshe Ugyen Tseten Rinpoche trotz seines hohen Alters im August wieder zu uns kommt. Er wird sowohl im Haupthaus des Tibetischen Zentrums in Rahlstedt wie auch in Semkye Ling Belehrungen geben.

In Semkye Ling macht sich eine erfreuliche Entwicklung bemerkbar. Es kommen viele neue Teilnehmer, und auch immer mehr Teilnehmer aus den philosophischen und anderen Studiengängen in Hamburg vertiefen ihr Verständnis in den Meditationskursen dort. Dies erfüllt den Sinn von Semkye Ling. „Die Grundlage der buddhistischen Lehre ist das Gelübde zur eigenen Befreiung“, sagte Dsche Tsongkhapa. Ob ordiniert oder Laie, die Lehre kann man nur ins Bewußtseinskontinuum aufnehmen, wenn das Hören bzw. Lernen mit dem Nachdenken und dem Meditieren verbunden wird. Getrennt voneinander führen diese nicht zu einem wirklichen Verständnis und einer Erfahrung, die für dieses und zukünftige Leben nützlich ist. So hoffe ich sehr, daß der neue mehrjährige Meditationskurs, der für nächstes Jahr geplant ist, einen großen Nutzen erwirken wird.

Da ich das 9. Kapitel vom „Eintritt in das Leben eines Bodhisattva“ genauer erklären möchte, ist der Madhyamaka- Kurs verschoben worden, wie Sie im Programmteil sehen können. Ich hoffe, es bereitet Ihnen keine Unannehmlichkeiten.

Einige fragen immer wieder nach meiner Klausur. Sie sind besorgt, daß ich sie noch nicht machen konnte. Es besteht aber keinen Grund zur Sorge. Ich bin nach Deutschland gekommen, um die buddhistische Lehre zu unterrichten und habe die Verantwortung für ihre Etablierung auf mich genommen. Obwohl ich früher versprochen hatte, eine Dreijahres-Klausur in diesem Leben zu machen, war es damals nicht mein Plan, sie hier zu machen. Inzwischen sind hier verschiedene Studiengänge in Gang gesetzt worden. Einige meiner Aufgaben kann ich für die Zeit meiner Klausur an mehrere Leute verteilen, aber das Studienprogramm muß jemand weiterführen, der die Texte studiert hat und gut beherrscht. Viele Bedingungen müssen zusammenkommen, damit die Kurse gut laufen. Sich Sorgen zu machen hilft dann auch nicht, aber auf praktische Art mitzuhelfen trägt zum Gelingen bei. Alle Schwierigkeiten werden letztlich durch tätige Hilfe gelöst. Dies nützt einerseits dem Tibetischen Zentrum und andererseits einem selber; man sammelt Verdienste und die Eindrücke von unheilsamen Handlungen werden bereinigt.

Damit eine lange Klausur gelingt, sind außerdem viele Vorbereitende Übungen notwendig, die mehrere Jahre dauern und die ich gut und sorgfältig durchführen möchte. Parallel dazu werde ich den Madhyamaka-Kurs unterrichten, danach sehe ich weiter. Eine der Vorbereitenden Übungen besteht darin, 100.000 Buddha-Abbildungen herzustellen. Es gibt mehrere Möglichkeiten dies auszuführen, wie Fotokopien von einem Bild zu machen. Ich möchte diese Übung aber ausgiebig machen, indem ich kleine Reliefs aus Gips (tib. „Kündra“) herstelle. Die Kosten dafür nehme ich aus den Spenden, die für meine Klausur eingegangen sind. Alle, die dafür gespendet haben, sowie verwandte Kranke oder Verstorbene, sind an den guten Verdiensten beteiligt. Denn in Verbindung mit der Herstellung von Buddha-Abbildungen entsteht etwas besonders Heilsames. Ich bedanke mich bei allen Spendern und bei den tätigen Schülern und Freunden, die die Verantwortung für eine einwandfreie Ausführung auf sich genommen haben, sowie bei denjenigen, die sich noch beteiligen wollen. Ich freue mich sehr darüber. Wo die fertigen Kündras am Ende untergebracht werden, kann man jetzt noch nicht entscheiden. Ein möglicher Ort wäre ein Stupa oder Schrein.

Der Vorstand und ich haben die große Hoffnung, daß wir das Meditationshaus Semkye Ling übernehmen und gleichzeitig das Haupthaus in Hamburg auf stabiler Basis weiterführen können. Beide brauchen eine solide finanzielle Grundlage. Ich bitte alle, so gut wie Sie können, dazu beizutragen. Ich hoffe auch und bin überzeugt, daß die Mitglieder und Kursteilnehmer einen großen Nutzen durch das Studium und die Praxis der buddhistischen Lehre gefunden haben. So bitte ich doch zu überlegen, ob man nicht über den regelmäßigen Beitrag hinaus etwas zum Erhalt des Zentrums zusteuern kann. Im Frühling bekommt ein Baum neue Triebe und Blätter, im Herbst erntet man die Früchte, dann fallen die Blätter ab, werden langsam wieder zu Erde und begünstigen so das Wachstum des Baumes. So wie die Natur sich durch diesen Kreislauf erhält, so sehe ich die Beziehung zwischen dem Tibetischen Zentrum und den Mitgliedern, Schülerinnen und Schülern und anderen Freunden. Ich bitte Sie, darüber nachzudenken.

Mein Dank geht an alle, die unsere Aktivitäten unterstützen, auch an die Spender der Flüchtlingshilfe und der Deutschen Tibethilfe und ihre Mitarbeiter und Helfer
 

Heft 54 - 3/2000

Schwerpunkt-Thema: Ordination

  • Editorial (PDF)
  • Lama Thubten Zopa Rinpoche: Von den Vorteilen der Ordination (PDF)
  • Interview mit Geshe Thubten Ngawang von Brita Janssen: „Der Orden ist wichtig für den Bestand der Lehre“ (PDF)
  • Carola Roloff: Zwischen Zentrumsarbeit und Befreiung (PDF)
  • Carola Roloff: Geschichte des Ordens im Tibetischen Zentrum (PDF)
  • Interview mit Jürgen Manshardt von Birgit Stratmann: „Ich lebte nicht voll und ganz als Mönch“ (PDF)
  • Oliver Petersen: Meditation: Die Güte der Wesen erkennen (PDF)
  • Birgit Stratmann: Buddhistische Lebensformen im Westen  (PDF)
  • Geshe Thubten Ngawang: Die Vorbereitenden Übungen, Teil 1: Die Grundlagen (PDF)
  • Interview mit Ngedon Tulku von Egbert Asshauer: Buddhistisches und westliches Denken synchronisieren“  (PDF)
  • Tenzin Sherab: Ausbildung im Kloster Sera  (PDF)
  • Carola Roloff: Reise nach Sera  (PDF)
  • Aktuelles (PDF)
  • Rezensionen (PDF)